Filmkritik

Filmkritik: All My Friends Are Dead Endlich mal was Neues im Genre?

today22. März 2025 41

Hintergrund
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Nach all den thematischen Abbiegungen wird es mal wieder Zeit, einen dieser grottigen Teenagerslasher zu rezensieren. Ein Genre des guilty pleasure, welches schließlich auch mal maßgeblich sein sollte für die Beiträge dieses Blogs. Wobei es “all my friends are dead” sogar schafft, so schlecht zu sein, dass von pleasure kaum noch die Rede sein kann. Doch dazu später Näheres.

Schon im Intro lässt sich erahnen, dass all my friends are dead die denkbar billigste und belangloseste Art und Weise anwendet, auf der man in irgendeiner Form “Jugend”referenzen in einen Film einbauen kann.

Der mittlerweile besonders in Teenagerslashern etablierte Stil, Chatnachrichten direkt im Bild einzublenden, um zu verdeutlichen, dass diese gerade unmittelbar geschrieben und empfangen werden, erinnert am ehesten an die unbeholfene und überproduzierte Machart eines Tatorts. Wenn die Produzenten verdeutlichen wollen, dass die Zuschauer während der Streams der Protagonisten Reaktionen senden, fliegen wie wild Emojis durch das Bild…

Die grottigen VHS-Filter erinnern an an eine Gratisapp (besonders authentisch wirken VHS-Aufnahmen wenn man über hochaufgelöste Bewegtbilder einfach einen Filter legt) und auch sonst besteht die Einbindung von “Internetkultur” darin, Begriffe wie Likes, FOMO, Text to Speech, out, uncool oder Opfer in die Dialoge einzubauen. Letztere sind also ungefähr so cool wie die in Skate 2.

Das Festival, welches die Freundesgruppe junger Erwachsener innerhalb der Story besuchen möchte, wird im Verlauf des Films so oft erwähnt, dass man meinen könnte, dieses hätte den ganzen Film gesponsert. Das könnte eventuell auch erklären, warum das Budget offenbar so niedrig war, dass selbst die Slapstick-Szene einer Polizeikontrolle auf dem Highway vor einem Greenscreen gedreht wurde.

Und auch sonst, wenn es um die gesellschaftskritische Komponente geht, bei der man (mal wieder) verdeutlichen wollte, wie dumm und oberflächlich doch Influencer sind, bleibt man auf einem derart simplen Niveau, dass die Ü50-Arbeitskollegen wohl eine ähnlich scharfsinnige Analyse liefern könnten. So unterstreicht man die Nachricht “Bei diesen Influencern ist doch alles Fake”, indem eine der Teenagerinnen in einer Szene ein Foto in einem Kinderpool aufnimmt, um dann ihren Folgern vorzugaukeln, sie befände sich gerade in einem Luxusressort. Wow, sehr tiefschürfende Kritik.

Es ist wenig verständlich, warum diese Direct on Demand Slasher immer wieder den Drang haben, Internet- und Jugendkultur in ihren Werken einzubauen, wenn die Macher anscheinend lediglich über geringe Kenntnisse der Internetkultur im Allgemeinen verfügen. Durchaus interessant wäre es, Konkretes über die genauen Produktionsbedingungen des Films zu erfahren. So hat Regisseur Marcus Dunstan ja durchaus Nischenhits wie The Collecor (2009) und The Collection (2012) gedreht.

Ein weiteres Indiz dafür, dass all my friends are dead ein wirklich, wirklich schlechter Film ist, wird deutlich, wenn vorher auf diesem Blog kritisierte Filme wie Bodies Bodies Bodies im Vergleich schon fast gut erscheinen. Das Mobbingthema unter US-amerikanischen Jugendlichen wird selbst im eher mäßigen Sissy deutlich besser, interessanter und kurzweiliger aufgearbeitet.

Die mitunter absurd brutalen Killszenen wollen sich ebenso wenig ins Gesamtbild einfügen wie die “düstere” Originstory der Freundesgruppe rund um eine gemobbte und in den Selbstmord getriebene Freundin der Clique, welche scheinbar posthum nach Rache sinnt. Das Machwerk ist sogar derart wirr und inkonsequent, dass die Autoren dem Anschein nach auf die eigens aufgestellte Prämisse im Verlauf des Drehbuchs keinen Bock mehr hatten. Die abgedroschene Idee eines sieben Todsünden Killers wird nach ein paar Morden mal eben über Bord geworfen.

Der Killer trägt während seiner Tötungsserie eine mit LED-Elementen besetzte Maske, wie man sie eher in Netflix-Produktionen erwarten würde. Bei Netflix dient dieser Design-Kitsch aus meiner Sicht oft der besseren Wiedererkennung und Vermarktung. Bei all my friends are dead hingegen wirkt diese erzwungene Pseudoästhetisierung äußerst ungelenk.

Im Normalfall habe ich ja durchaus gewisse Sympathien für style over substance. Vorausgesetzt, ein Film schafft es, eine gewisse Ästhetik authentisch einzufangen und in der Bildsprache den Fokus zu setzen. Dann jedenfalls kann man als Zuseher in puncto Drehbuch oder Charaktere auch gewisse Abstriche machen. Doch jetzt kommt der Kalauer: Bei all my friends are dead passt eher der Begriff no style, no substance, much cringe.

So ist ein Fluch der mittleren 2020er Jahre, dass selbst Teenagerhorrorfilme für guilty pleasure Connoisseure unerträglich geworden sind. Die mittlerweile 20 Jahre alten Sequels wie “Ich weiß immer noch, was Du letzten Sommer getan hast” oder oder zahllosen Final Destination Fortsetzungen der späten 90er oder frühen 2000er Jahre konnten immerhin stets eine gewisse Grundqualität halten. (Zumindest für Freunde des Genres)

Früher war alles besser und während wir früher die Horrorfilmklischees wie der Schwarze stirbt zuerst, Jugendliche werden aufgrund des vorehelichen Liebesspiels direkt vom Killer getötet

(da das prüde Hollywood angeblich in damaligen Machwerken Unmoral bestrafen wollte. Hollywood und Moral, wer`s glaubt…)

oder Charaktere treffen immer die zuverlässig dümmste Entscheidung mit einem gewissen Suspension of Disbelief immer noch genießen konnten, so wird diese überstrapaziert, wenn jeder der Charaktere ein absolutes Douchebag-Abziehbild ohne einen Hauch von Nachvollziehbarkeit ist.

In dem Moment können auch die abgedrehtesten und voll von Billig-CGI-Effekten triefenden Killsequenzen nicht darüber hinwegtäuschen, dass #AMFAD nicht mehr ist, als ein plumper Versuch, mithilfe von Buzzwords und Billo-Retro-Ästhetik (angefangen beim Cover) irgendwie im schrägen Subgenre des Retro-Teenagereslasher mitzumischen.

So hat einer der wenigen, gelungenen Gags des Films ein ganz analoges und zeitloses Thema zum Inhalt, nämlich das Alter der Figur J.D.

Nach einem Blick auf seinen Führerschein stellt die Freundesgruppe schockiert fest, dass dieser bereits 38 sei. Schrecklich…

3/10 für #AMFAD

 

Geschrieben von: kilianoreeves

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